21. Februar 2015

Anstand ist nicht immer erzwingbar

Anstand ist nicht immer erzwingbar- auch nicht im Gerichtssaal

(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.01.2015-2 Ws 448/14)

Ist es als ungebührliches Verhalten zu werten, wenn ein Angeklagter bei Wiedereintritt des Richters in den Gerichtssaal sitzen bleibt? Hierüber und über die damit zusammenhängende Frage, ob ein Ordnungsgeld verhängt werden darf, hatte sich das Oberlandesgericht Karlsruhe zu beschäftigen.

Hintergrund der Entscheidung war eine Verhandlung in Breisach am Rhein. Bereits zu Beginn der Verhandlung weigerte sich der Angeklagte trotz persönlicher Aufforderung durch die Richterin unter Bezugnahme auf die Verfassung, sich bei deren Eintreten in den Gerichtssaal zu erheben.

Auch die daraufhin erfolgte Ermahnung und die Androhung mit einem Ordnungsgeld beindruckten den Angeklagten nicht wirklich, so dass er auch nach einer Verhandlungspause und dem Wiederbetreten der Richterin in den Gerichtssaal keine Anstalten machte sich zu erheben.

Dieses Veralten ahndete das Gericht mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 Euro, ersatzweise 2 Tage Ordnungshaft.

Im Rahmen der Beschwerde des Angeklagten hiergegen hielt der Senat fest, dass das Sitzenbleiben eines Angeklagten zwar grundsätzlich ein ungebührliches Verhalten darstellen kann und dies auch grundsätzlich mit einem Ordnungsgeld geahndet werden kann. Dies aber nur, und dies m Übrigen für alle Anwesenden, bei Beginn der Sitzung, bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen sowie bei der Verkündung des Sachverständigen. Das Sitzenbleiben bei Eintritt des Richters nach einer Sitzungspause stelle demgegenüber nur dann ein ungebührliches Verhalten dar, wenn weitere Umstände hinzutreten. Das Aufstehen nach einer Verhandlungspause stellt im Gegensatz zum Verhandlungsbeginn keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf. Dies sei in vorliegendem Fall allerdings nicht gegeben gewesen.

Zwar kann das Aufstehen nach dieser Rechtsprechung nicht erzwungen werden, jedoch ist es in vielerlei Hinsicht gar keine schlechte Idee im Gerichtssaal einen guten Eindruck bei Gericht zu hinterlassen und nicht wegen solchen Lapalien den Unmut des Richters aufziehen. Was sich der einzelne dabei denkt, ist irrelevant, schließlich sind die Gedanken ja frei. Einen gewissen Grad an Anstand erleichtert jedoch nicht nur im Gerichtssaal das Leben.