22. Februar 2015

Befangenheit eines Sachverständigen

Gemäß § 74 bs.1 Satz 1 StPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Danach ist der Rechtsbegriff der Besorgnis der Befangenheit beim Sachverständigen nicht anders auszulegen als beim Richter. Anders als bei einer Richterablehnung prüft indes das Revisionsgericht nicht nach Beschwerdegrundsätzen, sondern nach revisionsrechtlichen Grundsätzen, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit zureichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Zu prüfen ist nur, ob das Tatgericht bei seiner Entscheidung über Rechtsfragen geirrt hat

In vorliegender Entscheidung des Oberlandesgericht Rostock ging es um die Frage der Befangenheit einer Sachverständigen, die im Rahmen eines Sexualverfahrens ein aussagepsychologisches Gutachten des kindlichen Opfers erstellen sollte.

Obwohl die Geschädigte mehrfach kundgetan hat, dass sie nicht aussagenmöchte, hat sie die Sachverständige durch kontinuierliches Nachfragen und Kitzeln zu einer Aussage bringen können.

Laut des Senats rechtfertigt die Missachtung des Zeugnisverweigerungsrechts des Kindes die Besorgnis der Befangenheit der Gutachterin.

Allerdings sei über die Vernehmung der Gutachterin als Zeugin über die Aussagen des Kindes nachzudenken. Problematisch könnte dabei allerdings ein Verwertungsverbot aufgrund unlauterer Vernehmungsmethoden sein. Gerade in den Verfahren, in denen sich widersprechende Aussagen gegenüberstehen und es auf die Glaubwürdigkeit einer Aussage und die Glaubhaftigkeit einer Person ankommt, ist der Sachverständige von besonders großer Bedeutung.

Die Angaben des Sachverständigen sind letztlich im Urteil wieder zu finden. So dass das Gericht von dem Strafverteidiger angehalten werden muss, dass es sich mit der Frage der möglichen Befangenheit eines Sachverständigen besonders intensiv beschäftigt.

Zur anschließend zu beantwortenden Frage, ob der Staat dann dafür haftet, ist folgendes zu sagen: Es muss ein objektiv unrichtiges Gutachten erstattet worden sein, nach der Perspektive eines Sachkundigen. Dies kann auf unzureichender Tatsachenfeststellung, falschen Schlussfolgerungen oder der Nichtberücksichtigung herrschender Lehrmeinungen beruhen. Unerheblich ist die Form der Gutachtenerstattung, ob schriftlich oder im Rahmen einer mündlichen Anhörung. Dabei ist zB die Abweichung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von den Bewertungen anderer Sachverständiger für sich genommen kein ausreichender Hinweis auf eine Fehlerhaftigkeit oder ein grob fahrlässiges Vorgehen. Letzteres kann nicht angenommen werden, wenn der Sachverständige die Abweichung schlüssig und nachvollziehbar begründet hat