20. Januar 2015

Bewährungswiderruf Übersetzung

Kein Anspruch auf Übersetzung des Bewährungswiderrufs

(LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.11.2014-5/08 Qs 19/14)

Grundsätzlich gewährt 187 II 1 GVG einen Anspruch eines nicht der deutschen Sprache mächtigen Beschuldigten auf die schriftliche Übersetzung von freiheitsentziehenden Anordnungen. Trotz Blickes auf Art. 6 EMRK, welcher das Recht auf ein faires Verfahren in sich birgt, geht dieser Anspruch nicht soweit, dass er bis zu die Strafaussetzung widerrufenden Entscheidungen hin ausgedehnt werden müsste. Eine Solche ist ihrer Natur nach nämlich dem Vollstreckungsverfahren zuzuordnen und daher dem Verurteilten nicht in einer Übersetzung zugänglich zu machen.

Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung ist nur dann zulässig, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit “eine Straftat begeht" und dadurch zeigt, daß sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat. Zudem darf im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung keine mildere Möglichkeit bestehen, den Verurteilten von Straftaten abzuhalten und dem strafrechtlichen Genugtuungsinteresse zu entsprechen.

Im Steuerstrafrecht gilt beispielsweise, dass  derjenige, der hinsichtlich einer in der Bewährungszeit vorgefallenen Steuerstraftat wegen einer Selbstanzeige straflos ist, schon keine Straftat  - also keine bestrafbare Handlung - “begangen hat”, ist u. E. in der beschriebenen Situation eine Widerrufsmöglichkeit der Bewährung nicht gegeben.Im Hinblick auf die in Art. 6 Abs.2 MRK enthaltene Unschuldsvermutung ist ein auf § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützter Bewährungswiderruf erst möglich, wenn die in der Bewährungszeit begangenen neuen Straftaten entweder rechtskräftig festgestellt sind oder ein glaubhaftes richterliches Geständnis vorliegt. Es bedarf eines Pflichtverteidigers. Die Durchführung der Hauptverhandlung ohne Mitwirkung eines Verteidigers stellt einen absoluten Revisionsgrund dar.