13. Dezember 2016

Poliscan Speed Amtsgericht Mannheim

Zum Poliscan Speed hat das Amtsgericht Mannheim am 29.11.2016 das Verfahren gegen einen Betroffenen, gegen den ein Bußgeldbescheid ergangen war, eingestellt, denn das Amtsgericht hält das Messergebnis des Poliscan Speed für unverwertbar. Die Poliscan Speed Messung verstoße nach den Angaben des Amtsgerichts gegen die Bauartzulassung. Die Messung sei deshalb nicht verwertbar. Obwohl das Oberlandesgericht Karlsruhe bereits vor Jahren festgestellt hat, dass es sich bei dem Poliscan Speed um ein standardisiertes Verfahren handelt, hält das Amtsgericht Mannheim das Poliscan Speed bzw. die Messergebnisse des Poliscan Speed nicht für verwertbar. In dem Beschluss vom 29.11.2016 hat das Amtsgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen 21 OWi 509 Js 35740/15 zum Poliscan Speed folgendes entschieden, dass das Verfahren gegen den Betroffenen gemäß 47 Absatz 2 OwiG eingestellt wird, da das Gericht eine Ahndung nicht für geboten hält. Die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse. Die eigenen notwendigen Auslagen trägt die Betroffene selbst.

Der von dem Poliscan Speed Betroffene hatte Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid eingelegt. In der Hauptverhandlung wurde über den Einspruch gegen den Poilscan Speed Bußgeldbescheid wegen einer behaupteten Geschwindigkeits­überschreitung auf der BAB 61 Richtung Heilbronn, die mit einem Bußgeld von 80 EUR geahndet werden sollte, verhandelt.

Die Messung war mit einem Lasergerät der Firma Vitronic PoliScan Speed durchgeführt worden.

Wie das Oberlandesgericht Karlsruhe bereits 2014 entschieden hat, handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Dort hat das OLG Karlsruhe noch entschieden, dass sich  jedenfalls dann kein Anhaltspunkt für eine Fehlmessung ergibt, wenn sich aus der Diskrepanz zwischen dem Messergebnis des Poliscan Speed und dem Wert aus der Berechnung der Zusatzdaten keine Abweichung außerhalb der Verkehrsfehlergrenze ergibt.

Die bei dem Amtsgericht Mannheim durchgeführte Beweisaufnahme ergab aber vorliegend, dass es aufgrund der Durchführung der Messung durchaus Abweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenze geben kann, ohne dass dies auf die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Messwertbildung Einfluss nehmen müsste. Darauf hat der sachverständige Zeuge der Herstellerfirma hingewiesen.

Bei einem standardisierten Verfahren wie dem Poliscan Speed gelangt man zu einer Art Beweislastumkehr für den Betroffenen verbunden mit einer Zugangsverhinderung zu erforderlichen Beweismitteln.

Dies gilt jedoch nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Richter. Der Tatrichter sieht sich einer Situation gegenüber, die ihm bei einem standardisierten Verfahren eine Beweisführung faktisch unmöglich macht. Der Betroffene und der Richter können dann nur auf die Arbeit der PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt) vertrauen, denn „ mit der Zulassung erklärt die PTB im Wege eines Behördengutachtens (antizipiertes Sachverständigengutachten), dass bei dem zugelassenen Gerät ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren vorliegt, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind." Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist nur noch dann eine nähere Überprüfung geboten, wenn im konkreten Fall Anhaltspunkte für eine Fehlmessung gegeben sind. Um derartige Umstände zu finden, braucht es aber der Sachkunde, über die weder das Gericht, noch in der Regel der Betroffene und sein Verteidiger verfügen. Das bedeutet im Ergebnis, die Bauartzulassung der PTB ersetzt die gerichtliche Prüfung in einer dem Prozessrecht unterliegenden Beweisaufnahme.

Das standardisierte Messverfahren Poliscan Speed

Nach Auffassung vieler Oberlandesgerichte gibt die Prüfung und Zulassung durch die PTB die Sicherheit, dass eine zuverlässige Messung erfolgt.

Die Messwertbildung findet dergestalt statt, dass die vom LIDAR - Messwertaufnehmer auf-genommenen Rohdaten im Messrechner zunächst als einzelne Objektpunkte zu Objekten, also Fahrzeugmodellen gebündelt werden. Sie werden innerhalb des Messbereichs verfolgt, um die Fahrzeuggeschwindigkeit zu ermitteln. Für jedes Fahrzeug ergibt sich dabei als Geschwindigkeitsmesswert eine mittlere Geschwindigkeit im Messbereich.

Dabei sind die Objektpunkte gemessene Werte, die Entfernungswerte der daraus gebildeten Objekte berechnete Werte.

Der implantierte Messalgorithmus, über den die Messwertbildung erfolgt, betrachtet dabei den Messbereich, den die Bauartzulassung mit 20 bis 50 Meter angibt. Im Vorfeld und Nachfeld werden jedoch ebenso Rohdaten erfasst, die Eingang in die Messwertbildung finden, indem sie, vom Messalgorithmus nicht dahingehend geprüft sind, ob sie im Messbereich erfasst wurden und erst dort zu Objekten gebündelt wurden. Das bedeutet, das Gerät prüft im zugelassenen Messbereich nicht, ob originäre Messwerte ( Weg - und Zeitangaben } oder bereits veränderte, geglättete, angepasste oder korrigierte Daten zur Messwertbildung beitragen. Wie bereits ausgeführt, konnte der Vertreter der PTB die Frage, ob diese Art der Messwertbildung korrekt ist und zuverlässige Ergebnisse erbringt, mit anderen Worten, wie sich diese Tatsache tatsächlich auswirkt oder auswirken kann, nicht beantworten.

Sie widerspricht jedenfalls der Bauartzulassung, wenn dort ausgeführt wird, dass außerhalb des Messbereichs detektierte Objektpunkte bei der Messwertbildung nicht berücksichtigt werden.

Dies bedeutet im Ergebnis, das Messgerät entspricht nicht der Bauartzulassung in wesentlichen Teilen, nämlich der Messwertermittlung. Oder umgekehrt, das Gerät misst anders als in der Bauartzulassung beschrieben.

Daraus ergibt sich auch, dass bei jeder einzelnen Messung zu prüfen ist, ob die zur konkreten Messwertbildung beitragenden Rohdaten die Bedingungen der Bauartzulassung einhalten oder nicht.

Sollten Sie mit Poliscan Speed geblitzt worden sein, prüfen die Rechtsanwälte Zipper & Partner den Bußgeldbescheid und beraten Sie zur weiteren Vorgehensweise. Beachten Sie die Einspruchsfrist von 2 Wochen ab Zustellung des Bußgeldbescheids.