31. Januar 2015

Untersuchungshaft - Beschleunigungsgebot

Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen gilt auch bei längerer Flucht

Bei der Anordnung einer Untersuchungshaft ist neben einem dringenden Tatverdacht und dem Vorliegen eines Haftgrundes auch immer die Einhaltung der Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgebots zu beachten und einzuhalten.

In diesem Sinne ist bei Haftsachen das sich aus dem Grundgesetz und der MRK ergebende Beschleunigungsgebot zu beachten. Hiernach müssen die Ermittlungsbehörden und die Gerichte alles dafür tun, um eine Entscheidung über den Anklagevorwurf mit der gebotenen Zügigkeit herbeizuführen.

Der Staat muss sein Bestmöglichstes tun, um das Verfahren zu fördern und Verzögerungen so gut es geht vermeiden. Hintergrund ist, dass der Beschuldigte, der sich in Untersuchungshaft befindet noch als unschuldig i.S. des Gesetzes ist. Die Freiheitsrechte des Betroffenen sind daher immer mit dem Strafverfolgungsinteresse des Staates in Abwägung zu bringen. Insbesondere fließt in diese Abwägung auch immer die Dauer des Verfahrens mit ein. Je länger das Verfahren dauert, desto höher müssen die Interessen des Staates gegenüber denjenigen des Betroffenen wiegen.

In vorliegendem Fall kam es zu erheblichen Verzögerungen im Ermittlungs­verfahren, weil sich der Angeklagte jahrelang auf der Flucht befunden hat und kein zwingender Grund für die vollständige Ausermittlung der Angelegenheit bestand.

Spätestens mit der Ergreifung des Flüchtigen, so das Gericht, wäre es jedoch angezeigt gewesen, die Ermittlungen deutlich konzentrierter als geschehen anzugehen und den Tatvorwurf vollständig auszuermitteln. Insbesondere hätten die Behörden alle notwendigen Unterlagen von den ausländischen Kollegen angefordert werden müssen. Ein solches Vorgehen erst nach Überstellung an die deutschen Straf­verfolgungs­behörden widerläuft eindeutig dem Beschleunigungsgedanken. Eine Anklage hätte geraume Zeit früher erhoben werden können.