28. Juni 2015

Untreue durch den Rechts­anwalt

Die Untreue durch den Rechts­anwalt liegt schon vor, wenn der Rechts­anwalt Fremdgelder nicht unverzüglich weiterleitet. Nach der insoweit eindeutigen herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt: Ein Rechts­anwalt, der sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrages zur Weiterleitung bestimmte Fremdgelder auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt und weder uneingeschränkt bereit noch jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren, macht sich der Untreue in der Variante des Treuebruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) strafbar. Für den Mandanten oder einen von diesem bestimmten Empfänger eingehende Gelder hat er unverzüglich zu übermitteln oder, falls dies ausnahmsweise nicht sofort durchführbar ist, den Mandanten hiervon sofort in Kenntnis zu setzen und dafür besorgt zu sein, dass ein dem Geldeingang entsprechender Betrag bei ihm jederzeit für den Berechtigten zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urt. vom 29.4.1960–4StR544/59,NJW1960,1629m.w.N.). Wie in der Wistra 2015 Juni nachzulesen ist, hat der BGH nun auch zum wiederholten mal entschieden, dass Untreue kann durch den Rechts­anwalt durch aktives Tun wie auch durch Unterlassen begangen werden. Verwirklicht er den Tatbestand ausschließlich dadurch, dass er pflichtwidrig dem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern auf seinem Geschäftskonto belässt, so ist hierauf die Strafmilderungsvorschrift des § 13 Abs. 2 StGB anwendbar, denn der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt hier in einem Unterlassen (vgl. BGH, Beschl.vom 25.7.1997 – 3 StR 179/97, NStZ-RR 1997, 357). Die Unterscheidung zwischen den Begehungsformen hat sich daran zu orientieren, ob zu dem bloßen Gelderhalt ein Tätigwerden des Rechts­anwalts (Anfordern des Geldes, Verwenden des Geldes zu eigenen Zwecken, Ableugnen des Zahlungseingangs) hinzutritt oder sich der Vorwurf in dem bloßen Untätigbleiben nach Zahlungserhalt erschöpft.

Es sollte in jedem Fall ein Fachanwalt für Strafrecht beauftragt werden, wenn man sich wegen der Untreue durch den Rechts­anwalt unsicher ist. Jeder Rechts­anwalt hat seine beruflichen und wirtschaftlichen Pflichten gegenüber dem Mandanten und Dritten zu wahren und insbesondere die Geldweiterleitungspflicht zu beachten.