22. Januar 2015

Verwertung früherer Zeugenvernehmung

Verwertung früherer richterlicher Zeugenvernehmungen

Ein nicht selten vorzufindendes Phänomen ist es, dass Zeugen bei Ihrer Aussage im Ermittlungs­verfahren vor der Polizei, der Staats­anwaltschaft oder dem Ermittlungsrichter noch Angaben machen, sich dann aber im Rahmen der Hauptverhandlung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und nichts mehr zu der Sache aussagen wollen. Gründe dafür gibt es unzählige. Mag es darauf zurückzuführen sein, dass sie es sich mittlerweile anders überlegt haben, mag es sein, weil die Atmosphäre im kleinen Amtszimmer nicht gar so einschüchternd wirkt wie ein Gerichtssaal oder weil der Zeuge ganz einfach nicht vor dem Angeklagten aussagen möchte.

Die zentrale Frage ist aber immer, ob und wie die früheren Aussagen in den Prozess eingeführt werden dürfen, wenn der Zeuge eine Verwertung der Angaben in der Hauptverhandlung nicht ausdrücklich gestattet.

Ganz vereinfacht gesprochen, dürfen die Angaben, die vor der Polizei oder vor der Staats­anwaltschaft gemacht wurden, in keiner Weise auch nur irgendwie verwertet werden. (Zwar enthält die betroffene Norm des § 252 StPO zwar nur ein Verlesungsverbot, nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird dieses jedoch von einem umfassenden Verwertungsverbot flankiert.)

Eine Ausnahme hiervon wird bei Angaben, die vor einem Ermittlungsrichter gemacht werden, angenommen, da einem Richter ganz allgemein höheres Vertrauen entgegengebracht wird und die Bedeutung einer Aussage vor einem Richter für das Verfahren für den Zeugen augenscheinlicher zu sein scheint. Diese können daher grundsätzlich dadurch eingeführt werden, indem der Richter als Zeuge vom Hörensagen in der Hauptverhandlung direkt vernommen werden kann.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die damalige Aussage auch ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere, dass der Zeuge auch korrekt vernommen wurde. Über die Anforderungen an die Belehrung bestand lange Zeit Uneinigkeit.

Mittlerweile steht fest, dass die Verwertung einer früheren richterlichen Vernehmung eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann zulässig ist, wenn dieser Richter den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch qualifiziert über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hat.