16. Januar 2015

Wann gilt die Arg- und Wehrlosigkeit?

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Arg-und Wehrlosigkeit

(BGH Beschluss vom 06.11.2014- 4 StR 416/14)

Der Unterschied zwischen Totschlag und Mord ist das Vorliegen eines Mordmerkmals.

Ein solches Mordmerkmal stellt die Heimtücke dar, worunter man das bewusste und zweckgerichtete Ausnutzen der Arg-und Wehrlosigkeit des Opfers in feindseliger Willensrichtung versteht. (Kurz gesagt, bedeutet das so viel, dass das Opfer keinen Angriff auf sich erwartet und daher in seiner Abwehr sehr eingeschränkt ist. Aufgrund des „Überrumpelungseffektes“ ist das Opfer daran gehindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder diesen wenigstens zu erschweren-wie es z.B. bei einem Schlafenden oder bei einem Angriff von hinten der Fall ist).

In dieser Entscheidung hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, zu welchem Zeitpunkt das Opfer arg-und wehrlos sein muss, damit der Täter heimtückisch handelt. Problematisch war dies in vorliegender Entscheidung nämlich deshalb, weil das Opfer zum Zeitpunkt der Tötungshandlung den Täter schon entdeckt hatte und dieser bereits ankündigte das Opfer zu töten.

Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Arg-und Wehrlosigkeit des Opfers die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs maßgeblich.

In der Rechtsprechung sind jedoch Ausnahmen anerkannt, in denen von diesem Grundsatz abgewichen wird. Solche eine Ausnahme liegt z.B. vor, wenn das Opfer zunächst gezielt in eine seine Arg-und Wehrlosigkeit begründende Falle oder einen Hinterhalt gelockt wird und der hierdurch erwirkte Entzug von Verteidigungsmöglichkeiten noch im Zeitpunkt des auf Tötung gerichteten Angriffs fortwirkt.

Voraussetzung ist aber dann auch, dass der Täter bereits im Zeitpunkt der Vorbereitung, quasi im Zeitpunkt des „in die Falle Lockens“, mit einem entsprechenden Tötungsvorsatzes handelte.