Vorenthalten von Arbeitsentgelt

Vorenthalten von Arbeitsentgelt bedeutet in der Regel folgendes: In den Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt ist unbedingt zunächst zu klären, wer Arbeitgeber ist, wer Arbeitnehmer ist, ob es sich um eine unerlaubte Arbeitnehmer­überlassung handelt, ob ein faktischer Geschäfts­führer vorliegt oder ob eine Subunternehmerschaft gegebenenfalls auch eine freie Mitarbeit vorliegt. Die Begriffe Arbeitgeber und Arbeitnehmer definieren sich nach dem Sozialrecht bzw. nach dem Arbeits­recht. Hierbei kommt es insbesondere auf eine weisungsabhängige Tätigkeit an.

Ein besonderes Augenmerk in der Straf­verteidigung im Fall von § 266a StGB gilt der Hinterziehung von Lohnsteuer, die ohnehin mit dem Straftatbestand des Vorenthaltens von Arbeitgeberbeiträgen stets parallel einhergeht.

Nach der Entscheidung BGH 1 Str 626/12 in der sich der BGH mit dem Arbeitgeberbegriff in Bezug auf die Vorschrift des § 266a StGB also Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt beschäftigt hat, wobei gerade hier Leistungen und Schwarzgeld miteinander korrespondieren müssen, wie auch Scheingeschäfte entsprechend einer Prüfung unterzogen worden sind, richtet sich die Definition des Arbeitgeberbegriffs nach derjenigen aus dem Sozialrecht. Das bedeutet im Ergebnis, dass derjenige „Arbeitgeber ist, dem der Arbeitnehmer nicht selbständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, das sich vornehmlich in seiner regelmäßig mit einem Weisungsrecht des Arbeitgebers verbundenen Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers äußert.“

Die Frage, ob ein sozialversicherungspflichtiges und lohnsteuerpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt, wird allein durch die tatsächlichen Gegebenheiten beantwortet.

Die Rechtsanwälte Zipper & Collegen verteidigen bundesweit in den Fällen des Arbeitsstrafrechts. Einen Teil des Arbeitsstrafrechts bilden die Beitragsstraftaten. Hierzu zählen nicht nur die Steuerstraftaten wie zum Beispiel die Hinterziehung von Lohnsteuer und die Hinterziehung von Leistungssteuern, sondern auch die Nichtabgabe von Sozial­versicherungs­beiträgen und das Vorenthalten von Arbeitsentgelt. Aber auch der Betrug und vor allem der gewerbsmäßig begangene Betrug stellt eine Straftat im Sinne des Arbeitsstrafrechts dar.

Illegale Arbeitnehmer­überlassung, Überlange Arbeitszeiten, Lohnwucher, Hinterziehen von Sozialversicherungsbeiträge sind ein wesentlicher Teil des Arbeitsstrafrechts.

Insbesondere der Fachanwalt für Strafrecht Manfred Zipper vertritt Mandanten im Arbeitsstrafrecht bundesweit.

Das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB ist eine Beitragsstraftat.

Zu klären ist deshalb zunächst immer: Ist der Arbeitnehmer überhaupt verpflichtet, in der Bundesrepublik Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen.

Gerade in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung und der Arbeitnehmer­überlassung ist es bei Auslandsfirmen nicht selbst­verständlich, dass die Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig sind. Nach der Rechtsprechung des BGH sind seit 2007 von dem Tatbestand des § 266a StGB auch betrugsähnliche Begehungsweisen erfasst, sodass die Vorenthaltung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen nach neuem Recht dem Betrug als Spezialnorm vorgeht. Bei konkreter Betrachtungsweise ist dies als die dem Angeklagten günstigere Gesetzeslage dann gemäß §§ 266a, 3 StGB zur Anwendung zu bringen.

Beim gleichzeitigen Vorenthalten von Sozial­versicherungs­beiträgen für mehrere Arbeitnehmer gegenüber derselben Einzugsstelle ist nur eine Tat anzunehmen.

Es darf nicht zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen Vorenthaltens von Sozial­versicherungs­beiträgen nach § 266a StGB kommen bei erteilter Entsendebescheinigung E 101 solange die erteilte Bescheinigung nicht zurückgenommen ist.

Es gilt dann die Bindungswirkung für deutsche Organe der Strafrechtspflege und der Vorrang des Gemeinschaftsrechts.

Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass natürlich eine sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht die Voraussetzung für eine Beitragsstraftat bildet. Ohne eine Beitragspflicht kommt eine Beitragsstraftat nicht in Betracht.

In Fällen mit Auslandsbezug ist zunächst zu prüfen, ob der betroffene Arbeitnehmer überhaupt der inländischen Sozialversicherungspflicht unterliegt oder davon ausgenommen ist. Die Vorschrift des § 266a StGB knüpft hierbei nicht allein an die deutschen Sozialgesetze, sondern auch an zwischen- und überstaatliche Bestimmungen an, soweit sie in Deutschland gelten und das anzuwendende Sozialversicherungsrecht bestimmen.

Nach den Bestimmungen des deutschen Sozialgesetzbuches führt eine inländische Beschäftigung zur Sozialversicherungspflicht des Arbeitnehmers (§ 2 Abs. 2, § 3 Nr. 1 SGB IV); maßgeblich ist dabei der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird (§ 9 Abs. 1 SGB IV). Die Versicherungspflicht entfällt gem. § 5 Abs. 1 SGB IV bei Personen, die im Rahmen eines ausländischen Beschäftigungs­verhältnisses in das Inland entsandt werden, sofern die Entsendung im Voraus zeitlich begrenzt ist.

Die Gerichte stellen für die Strafbarkeit nach § 266a StGB auf die sozialversicherungsrechtliche Pflicht zur Beitragsabführung ab (vgl. BGH NJW 2007, 233, 234 - "E 101", zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; BGHSt 47, 318 f.; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 266a Rdn. 9 ff.).

Im Zusammenhang mit der Strafbarkeit nach § 266a StGB muss nicht selten auch das Arbeitnehmer­überlassungsgesetz und das Arbeitnehmerentsendegesetz beachtet werden.

Gerade bei Scheinfirmen und Scheinüberlassungen ist meist der Tatbestand des § 266a StGB betroffen.

Die Vorschrift des § 266aStGB schützt das Interesse der Solidargemeinschaft der Sozialversicherten hinsichtlich der Sicherstellung des Aufkommens der Mittel für die Sozialversicherung (vgl. BVerfG NJW 2003, 961; BGH NJW 2000, 2993, 2994).

Die Berechnung der nach § 266a StGB vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge richtet sich in Fällen illegaler Beschäftigungs­verhältnisse nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV.

Bei einem Verstoß gegen § 266a StGB kommt auch eine tatmehrheitlich begangene Lohnsteuerhinterziehung in Betracht.

Die Rechtsprechung ermittelt die Bemessungsgrundlage für die hinterzogene Lohnsteuer und vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge durch die Schätzung der Lohnsumme unter Anwendung eines Prozentsatzes bezogen auf den Nettoumsatz eines Unternehmens. Dies ist nach der Entscheidung des BGH von 2009 dann zulässig, wenn keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann nach der Entscheidung des BGH vom 10.11.2009 das Tatgericht bei illegalen Beschäftigungs­verhältnissen in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme veranschlagen.

Die Vorschrift des § 266a lautet: Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Darin ist ausgeführt, dass der, der als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täteraus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält oder die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.

Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Fassung aufgrund des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuer­hinterziehung vom 23.07.2004