22. Februar 2015

Insolvenzverschleppung

Insolvenzverschleppung durch faktischen Geschäfts­führer

(BGH Beschluss vom 18.12.2014- 4 StR 323/14)

Nachdem der BGH bereits in früheren Entscheidungen hat anklingen lassen, dass der faktische Geschäfts­führer nach § 15 a IV InsO Täter einer Insolvenzverschleppung sein kann, hat er dies nunmehr in dem vorliegenden Beschluss eindeutig geklärt.

Ein faktischer Geschäfts­führer ist eine Person, die faktisch wie ein Geschäfts­führer tätig wird und nach außen auch so auftritt. Rechtlich wird die Gesellschaft jedoch nur durch den oder die förmlich bestellten Geschäfts­führer, folglich die im Handelsregister eingetragenen Geschäfts­führer, vertreten.

Der faktische Geschäfts­führer ist kein Geschäfts­führer i.S.d. § 35 GmbHG. Er kommt jedoch neben dem formalen Geschäfts­führer als Haftungsschuldner in Betracht, wenn zivilrechtliche, steuerrechtliche oder strafrechtliche Haftungen im Raum stehen.

Hierfür wird vor allem angeführt, dass der faktische Geschäfts­führer aus der ihm z.B. als schlichter GmbH-Gesellschafter zukommenden beschränkten Haftung hinaustritt und selbst seine volle Haftung als Geschäfts­führer begründet.

Bei der Abgrenzung wird von der Rechtsprechung vor allem auf das Gesamterscheinungsbild abgestellt.

Dabei war im Rahmen einer Gesamtschau darauf abzustellen, „ob der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft –und zwar nur durch interne Einwirkung auf die satzungsmäßigen Geschäfts­führer, sondern durch eigenes, auch nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zurechenbares Handeln- so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm auch die Verantwortung für die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrages zufällt“. Der BGH hat hierbei zusätzlich klargestellt, dass es dabei einer vollständigen Verdrängung der gesetzlichen Geschäftsführung nicht bedarf. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der faktische Geschäfts­führer die Tätigkeit der rechtlichen Geschäftsorganisation nachhaltig prägen muss.

Wichtiges und häufig von den Verfolgungsorganen übersehenes Kriterium ist es, dass sich der Beschuldigte die Unternehmensführung nicht einseitig anmaßen darf sondern die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Einverständnis des Gesellschafters erfolgt sein muss. Die Gesellschafter müssen dabei folglich mit der Leitung durch die Person des faktischen Geschäfts­führers einverstanden sein. Der faktische Geschäfts­führer muss im Rahmen seiner Tätigkeit gegenüber dem formalen Geschäfts­führer eine überragende Stelllung einnehmen. Auch beim Entscheidungsprozess muss seiner Stimme gegenüber deren des formalen Geschäfts­führers mehr Gewicht beigemessen werden.

Im Laufe der Zeit wurden Kriterien entwickelt, anhand derer eine Beurteilung vorgenommen wird.

Diese sind:

- Bestimmung der Unternehmenspolitik

- Steuerung der Buchhaltung und Bilanzierung

- Personalentscheidungen

- Bestimmungen der Höhe der Gehälter der Mitarbeiter und seines eigenen

- Bestimmung der Unternehmensorganisation

- Einflussnahme auf Steuerangelegenheiten

- Gestaltung von Geschäftsbeziehungen, wie z.B. Abschluss von Verträgen und deren Ausgestaltung

- Verhandlung mit Banken und sonstigen Kreditunternehmen

- Einflussnahme auf Steuerangelegenheiten des Unternehmens

Sind sechs dieser acht Kriterien erfüllt, ist von einer faktischen Geschäftsführung auszugehen.