06. Februar 2019

Steuer­hinterziehung und Beitragsvorenthaltung bei Scheinrechnungen in der Baubranche

Steuer­hinterziehung und Vorenthalten Arbeitsentgelt

In einer Entscheidung des ersten Strafsenats des BGH hat dieser am 11.10.2018 unter der Az. 1 StR 138/18 entschieden, dass sich das Tatgericht nicht nur damit beschäftigen darf, die bloße Feststellung aufzunehmen, dass Scheinrechnungen erstellt worden seien, damit man ausreichend Geld zur Bezahlung der Schwarzarbeiter zur Verfügung hat. Da in der Baubranche ein enormer Preisdruck herrsche und dass man diesem Preisdruck in der Baubranche standhalten will, ist eben nicht ausreichend. Insofern ist die Beweisaufnahme und die Tatsachenfeststellung lückenhaft. Es ist erforderlich, dass sich das Tatgericht auch mit weiteren möglichen Fallgestaltungen auseinandersetzt.

Vorenthalten von Sozial­versicherungs­beiträgen und Vorenthalten von Arbeitsentgelt (nicht nur) in der Baubranche - der erforderliche Inhalt des Urteils 

Die Beweiswürdigung im Urteil ist hinsichtlich des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt dann lückenhaft, wenn sich das Tatgericht im Falle des Vorenthaltenes von Arbeitsentgelt und Sozial­versicherungs­beiträgen nicht ausreichend mit den zugrunde liegenden Haupttaten der Steuer­hinterziehung und dem Vorenthalten von Arbeitsentgelt auseinandersetzt. Zu den Haupttaten stellte das Landgericht in dem vorgenannten Fall nur pauschal fest, dass es aus eigener Sachkenntnis wisse, dass aufgrund des großen Preisdrucks in der Baubranche keine großen Gewinne zu erwirtschaften seien. Diese Feststellung ist für das Urteil in Bezug auf die Strafbarkeit wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Steuer­hinterziehung nicht ausreichend. Das Gericht kann nicht aus eigener Sachkenntnis einfach davon ausgehen, dass das Einstellen von Scheinrechnungen regelmäßig dazu dienen soll, die freigewordenen Gelder für die Entlohnung von Schwarzarbeitern zu nutzen. Ebenso wenig reicht es für die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Steuer­hinterziehung aus, wenn das Gericht von sich aus meint, dass es keine (anderen) Anhaltspunkte dafür gibt, dass die aufgrund der ausgestellten Scheinrechnungen freigewordenen Gelder für etwas anderes als die Bezahlung von Schwarzarbeitern genutzt worden seien.

Vorenthalten von Arbeitsentgelt aufgrund Vermutungen des Gerichts: Freispruch 

Das Gericht darf seine Entscheidung hinsichtlich des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Steuer­hinterziehung natürlich nicht nur auf Vermutungen stützen und davon ausgehen, dass es eben so aus Sachkunde des Gerichts anzunehmen ist, dass man die Scheinrechnungen eben nur dazu verwendet, um den Schwarzlohn an die Schwarzarbeiter zu bezahlen. Wenn dem Gericht über die bloßen Mutmaßungen und eigenen (teilweise natürlichen falschen) Vorstellungen tatsächliche Feststellungen dazu fehlen, dass es tatsächlich zur Auszahlung von Schwarzlohn durch die Rechnungsempfänger gekommen ist, dann muss das Gericht freisprechen und darf nicht wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Steuer­hinterziehung verurteilen. Denn Abrechnungen (die als Scheinrechnungen bezeichnet worden sind) können ja durchaus auch für andere Zwecke in die Buchhaltung der Rechnungsempfänger eingestellt werden.

Scheinrechnungen dürfen nicht dem Sinn und Zweck nach vermutet und zugerechnet werden

Scheinrechnungen können auch dazu herangezogen werden, um unberechtigt Vorsteuer zu erlangen oder um möglicherweise die Bilanz zu manipulieren. Eine Auseinander­setzung mit solchen weiteren möglichen Fallgestaltungen muss das Gericht vornehmen und darf nicht aus eigener "Sachkunde" sein Urteil auf Vermutungen stützen. Es muss dann feststellen, wer der  Rechnungsempfänger ist und wer welche Lohnsteuern abzuführen hat und wer in welchem Umfang welche  Sozialversicherungsbeiträge abzuführen hat.

Im Falle von Vorwürfen im Bereich Steuer­hinterziehung und Vorenthalten von Arbeitsentgelt ist es sinnvoll gleich von Beginn der Ermittlungen an mit einem versierten Strafverteidiger zusammen zu arbeiten.

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